Hannoversche Allgemeine Zeitung 03.11.2008 Von Kirsten Allee
(...)Wie Garcia Lorcas emotionsgeladene Poesie auch heute mitreißt und berührt, wie zeitlos das ewige Thema um die Macht der Gruppe und den Freiheitsdrang des Individuums wirkt, hat die Choreografin Eva-Maria Lerchenberg-Thöny in ihrem Tanzabend "Bluthochzeit/Yerma" dargelegt (...) Von der im Tanz oft praktizierten scheinbar schwerelosen Leichtigkeit weicht diese kraftvolle Darbietung entschieden ab.(...)Seine Figuren schweben nicht, sie stampfen und kämpfen, sie lieben und hassen, sie scheitern und sterben.
So eingespielt ist die Braunschweiger Compagnie inzwischen, dass es schwerfällt, einzelne Tänzer herauszuheben. Der Star ist die Gruppe, deren Stärke heißt Individualität. Und die setzt sich auch an diesem Tanzabend erfolgreich durch - anders als in Garcia Lorcas Werken.(...)
Cellesche Zeitung 11.11.2008 Von Reinald Hanke
Seit Eva-Maria Lerchenberg-Thöny das Tanztheater Braunschweig übernommen hat, lohnte sich jede Fahrt dahin. Die Choreografien der Braunschweiger Tanzchefin zeigen eine klare und ausgeprägte Handschrift. Dabei verbindet sie einen hohen Anspruch an Tänzer wie Publikum mit der besonderen Fähigkeit, das alles so zu vermitteln, dass sich das Publikum zwar gefordert, aber nicht überfordert fühlt. Und sie verblüfft immer wieder mit Ideen, die oft alleine schon einen Theaterbesuch wert sein können. (...) Dann wird nur getanzt als ob es um Leben und Tod gehen würde. Und das ist schon sehr beeindruckend. Vor allem Sandra Munoz Lopez und Gino Abet faszinieren von Anfang an.(...)
Ballettanz 01.09 Von Klaus Witzeling
Wilde Katzen in der Brunst. Auf allen Vieren, Auge in Auge, starren sich die Braut und ihr Ex-Lover Leonardo an. Wie magnetisch ziehen sich ihre biegsamen Körper an, scheuen nur vor der Vereinigung im Kuss zurück, bäumen sich auf wie Vollblutpferde. Sandra Munoz Lopez und Gino Abet setzen lauernd zum Sprung an, steigern ihre sexuelle Spannung. Der ungestüm leiden-schaftliche, formal aber streng gezügelte Paarungs-Tanz kommt einem Sakrileg gleich unter dem Kruzifix im Sakralraum. (...)
neue Braunschweiger Zeitung 02.11.2008 Von Ingeborg Obi-Preuß
(...) Für diese eine Nacht lohnt sich jedes Risiko - die getanzte Liebesszene zwischen der Braut und Leonardo ist leidenschaftlicher Mittelpunkt der „Bluthochzeit“.
Archaisch und aktuell: Eva-Maria Lerchenberg-Thöny hat ein leidenschaftliches Manifest gegen Unterdrückung und Ausgrenzung auf die Bühne gebracht. Mit „Bluthochzeit“ und „Yerma“ lässt sie zwei starke Frauen gegen Ohnmacht und Unterdrückung angehen oder besser, antanzen. Eine spannungs- und sprunggeladene Choreographie zieht die Zuschauer von Anfang an in die Geschichten. Raushalten ist nicht möglich. (...)
www.Tanz.at 10.12.2008 Von Celi Barbier
(...)In "Yerma" hat sich die Choreographin selbst übertroffen, in dem sie sich poetisch an diese Frauengestalt annähert. Die plastische Schönheit der Bilder und die Nüchternheit der Erzählung unterstützen die Dramatik der Wallfahrt.
Als Yerma wieder zu ihrer kleinen Insel der tragischen Einsamkeit zurückkehrt, ist das ein Moment der unwirklich erscheint. Meine Augen brennen wie die Sonne der Erde von Andalusien.Yerma wird hervorragend von Adriana R. de Souza interpretiert, hat in dieser Rolle die Gelegenheit ihr immenses Talent zu zeigen - poetisch und grausam, zärtlich und verloren interpretiert ist ihre Yerma. Jiri Kobylka (Juan) ist wie immer ausgezeichnet - mit Vergnügen erniedrigt er seine Frau. Das gut durchdachte Bühnenbild und die Kostüme stammen von Peter Jeremias.
An beiden Stücken haben das Potenzial des Ensembles sowie die Choreographie von Eva-Maria Lerchenberg-Thöny beeindruckt. (...)
Dance for You Magazin Januar / Februar 2009 Von Volkmar Draeger
(...) Dramatisch zwingend steigert die Choreografie die Panik der beiden vor dem endültigen Verlust ihrer Beziehung, bis die Leidenschaft alle Bedenken, alles Gehorchenwollen wegfegt und sich in einem so emotionstrunkenen wie musikalischen Duett zu kreischenden Streichern Bahn bricht. Zwei Körper schreien da nach einander, schrecken auf, prallen zurück, stoßen sich noch im Kuss ab, suchen sich die Passion vergeblich aus dem Leib zu tanzen. Umfangen liegen sie endlich am Boden, trotzen der Gemeinschaft. Die nimmt straflüstern Rache: Angestachelt von der Mutter des Bräutigams formieren sich die beiden Rivalen zum zeitlupenhaft zerdehnten Kampf, Stampfrhythmen der vordringenden Menge feuern sie an. Doch ehe die Messer gezückt werden könnten, trampelt der aufgeheizte Mob über sie hinweg, bis das Gesetz erfüllt ist. Ergeben beten alle, nur die Braut wölbt, dehnt, bäumt sich. Mit einem zweifelnden Blick zum Kreuz verlässt sie den Ort, wo sich sogar der Hängende rot gefärbt hat, ob voll Blut oder Scham über seine Hilflosigkeit.
Es sind hauptsächlich Sandra Munoz Lopez und Gino Abet als rasendes Liebespaar, Marc Cloot als bedrängter Bräutigam und Kira Wortmann als sanft vermittelnde Frau Leonardos, die dieser dynamischen, ganz auf ihre Aussage hin entwickelten Choreografie zusätzliche Spannung verleihen. Der Choreografin gelingen starke Charaktere, Formationen von eindringlicher Plastizität und emotionaler Sprengkraft. Wunderbare Lyrik von Lorca, wie sie ein mitagierender Schauspieler einspricht, setzt Zäsuren; dass sich das Spiel stets aus dem Saal heraus entwickelt, macht die Zuschauer zu Teilnehmern des Geschehens. (...)